Mein Besuch in Auroville beschäftigte mich noch Tage und Wochen später. Es ist nur ein Ort, ein Platz mitten im Nichts, im Wald und ich hatte bis dato auch noch nie von diesem “Auroville” gehört. Was mich bis heute nicht mehr los gelassen hat, ist die Bedeutung dieses Platzes für die Welt, die Menschheit und vielleicht auch für mich. Komischerweise übt genau dieser Platz eine seltsame Anziehungskraft auf jemanden wie mich aus. Hier in Indien versucht man das Zusammenleben der Menschheit grundlegend neu so formulieren.

Mitten im Dschungel

Aber Beginnen wir von vorne, als wir mit unserem Bus an der Küste halt machten und endlich wieder auf die Drahtesel umstiegen. Die Tour ging über eine Landstraße mit wunderschöner Natur. Zum Beispiel passierten wir kleine Häuschen oder Hütten, hin und wieder einen Tempel oder eine Gebetsstätte, dann folgten wieder lange Zäune hinter denen sich die Ashrams verbargen. Fast eine Stunde verging bis wir den Eingang von Auroville erreichten.

Ich wusste immer noch nicht wo wir sind und was wir hier machen. Es sah aus wie ein Tierpark, oder ein Landschaftspark, eher wie eine Freizeitstätte. Ich konnte mir keinen Reim auf diesen Platz machen, bis wir in einem Gebäudeteil an einer Videovorführung teilnahmen. Darin wurde uns in einem halbstündigen Film die Entstehung, die Zukunftsvision sowie der Leitgedanke hinter dieser neuen Form des Miteinanders, also Auroville, näher gebracht.

Was ist eigentlich Auroville?

Versuch einer Erklärung – Also…

Auroville, die Stadt der Morgenröte wie sie auch genannt wird, entstand nach den Gedanken und Theorien des Yogis Sri Aurobindo. Dieser Yogi verfolgte einst die Idee eines Ortes, in der Menschen aller Nationalitäten, aller Glaubensbekenntnisse, ohne irgendeine politische Richtung in Frieden und Harmonie miteinander leben können. Die Französin Mira Alfassa, genannt “die Mutter” leitete damals eine Ashram des Yogis im nahegelegenen Punducherry. Immerhin war sie seine Vertraute, seine Seelenverwandte und teilte schließlich ganz und gar Aurobindos Vorstellung einer Lebensgemeinschaft.

Sie war es auch, die es lange nach Aurobindos Tod († 5. Dezember 1950) schaffte seine Visionen in die Tat umzusetzen. Gemeinsam mit der indischen Regierung präsentierte sie das Konzept einer universellen Stadt der UNO. 1966 verabschiedete die UNESCO eine Resolution, in der die Anerkennung und die Unterstützung des Projektes erklärt wurde.

Am 28. Februar 1968 war es dann endlich soweit – Auroville wurde anhand einer groß angelegten Zeremonie eröffnet, welcher Präsidenten und Vertreter aus 124 Nationen sowie Vertreter 23 indischer Staatsgebiete beiwohnten. Um Auroville, die geplante Stadt der Zukunft als “planetares Eigentum” zu symbolisieren, brachte jeder offizielle Vertreter Erde aus seinem Heimatland mit. Anschließend wurde diese in einer Urne am Zentrum in Auroville versiegelt und beigesetzt.

Die Gründungsurkunde

Während der Gründungsfeierlichkeiten verlas Mira Alfassa die Gründungsurkunde Aurovilles. Hierin werden in vier einfachen Punkten die Ziele Aurovilles knapp und prägnant zusammengefasst:

1. Auroville gehört niemandem im besonderen. Auroville gehört der ganzen Menschheit. Aber um in Auroville zu leben, muss man bereit sein, dem Göttlichen Bewusstsein zu dienen.
2. Auroville wird der Ort einer Erziehung ohne Ende, ständigen Fortschritts und einer Jugend sein, die niemals altert
3. Auroville möchte die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft sein. Durch Nutzung aller äußeren und inneren Entdeckungen wird Auroville zukünftigen Verwirklichungen kühn entgegenschreiten.
4. Auroville wird der Platz materieller und spiritueller Forschung für eine lebendige Verkörperung einer wirklichen menschlichen Einheit sein.

Nun gut, das war jetzt ein winziger Ausflug in die Geschichte und Entstehung dieses Ortes. Irgendwann sollen hier mal 50.000 Menschen, „Weltbürger“ leben. Jedoch, der Weg ist noch weit, schließlich besteht das halbe Gelände noch immer aus Dschungel oder Baustelle. Zahlen sprechen von derzeit ca. 2.000 ständigen Bewohnern. Für diejenigen die sich weiter in dieses Thema vertiefen möchten, werde ich am Ende des Berichtes noch eine kleine Linksammlung zusammenstellen.

Jetzt geht es aber nochmal zurück zu meinem Besuch. Wie oben schon mehrfach erwähnt kam ich hier völlig unvorbelastet in den indischen Dschungel. Nach der Filmvorführung und einem ausgiebigen Rundgang in der Empfangshalle hatte ich erst mal über das eben gelernte nachzudenken. Ich brauchte Zeit!

Matrimandir – der goldene Golfball

Glücklicherweise stand der Gang zum Zentrum dieser immer noch nicht fertig gestellten Zukunftsstadt an, einem Ort genannt Matrimandir. Während unserem Fußmarsch war ich mir nicht einig, ob ich hier bei einer Sekte oder einem wirklich ernst gemeinten Versuch einer besseren Zivilisation zu schaffen gelandet bin. Wochen später setzte ich mich nochmal sehr ausgiebig mit diesem Thema auseinander, las fast einen kompletten Tag nur über diesen Ort und seine gedanklichen Schöpfer. Hierzu ein paar Zeilen weiter unten noch ein Kommentar…

So, wir haben endlich das Wahrzeichen, die Seele, das Zentrum von Auroville erreicht, die goldene Kuppel von Matrimandir.

Auroville, die Stadt der Zukunft

Ein beeindruckendes Bauwerk, das jedoch für Besucher/Touristen nur von einer Aussichtsplattform besichtigt werden darf. Menschen die hier leben, können das Innere dieser Kugel betreten und sich zum Meditieren dort niederlassen. Um Matrimandir herum findet man einen großen Platz, geformt aus roten Steinen die wunderbar mit den Gold glänzenden Vertäfelungen und dem sonst so grünen Umland harmonieren. Der Weg vom Eingang bis zur Mitte des Geländes führt ca. 10-15 Minuten durch Wald und staubigen Boden vorbei an einem gigantisch ausufernden Baum mit Luftwurzeln. Es lohnt sich diesen Pfad zu erlaufen!

Und welchen Eindruck habe ich nun von Auroville gewonnen?

Ein paar kleine und kurze Gedanken meinerseits zu Auroville. Der Grundgedanke dieses Platzes hat mich bis heute nicht losgelassen. Ein Ort für alle, von allen gestaltet, ein Ort des Friedens, ein Ort des Zusammenlebens. Keine religiösen Unterschiede, keine politische Richtung, kein Besitzanspruch des Einzelnen, kein wirtschaftlicher materieller Hintergedanke. Faszinierend!

Durch meine Recherchen habe ich herausgefunden, dass es sich hierbei nicht um eine “Sekte” sondern um ein von der indischen Regierung und der Vereinten Nationen und der Weltgemeinschaft gefördertes Projekt handelt. Ich habe darum beschlossen bei meinem nächsten Indientrip diesen Platz für längere Zeit zu besuchen um heraus zu finden ob so etwas wirklich funktionieren kann. Eines ist sicher, der Ausflug hierher hatte meinen Horizont wieder ein bisschen erweitert und mir neue Gedanken mit auf den Lebensweg gegeben. So long…

Und noch ein paar Bilder aus Auroville:

Weitere Infos, Links oder Anschrift:

Offizielle Webseite Auroville
AVI Deutschland
Auroville Online Store
Auroville bei Wikipedia
Mein persönlicher Reisebericht von diesem Tag

Text: Günther Strauß
Von mir besucht am 22. Dezember 2008

Auroville Universal Township
Markiert in:            

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert