Es ist schon mehr als erstaunlich was die Demos heute für Feedback auslösen in der Netzwelt. Besonders die Kommentare. Die Alten verstehen rein gar nicht worum sich das Ganze dreht. Die Wirtschaftsbosse (Rekordgewinne, Rekordumsatz, Exportweltmeister) schimpfen auf die Regierung, weil dieses ACTA-Abkommen erstmal nicht unterzeichnet wird. „Wir sind ja so arm“…

Die Politiker sitzen entweder zwischen den Stühlen oder sitzen ihren Arsch auf einem dieser Stühle breit und verstehen nur soviel: Das Volk ist irgendwie sauer – aber weder warum, noch wie es dazu kam. Die Jungen wissen was sie wollen und das ist doch auch nicht so schwer: „Freiheit im Netz, keine Zensur, keine Kontrolle“. Schön wäre auch noch ein bisschen Mitbestimmung oder zumindest Personen, die ihre Interessen vertreten und nicht die Interessen von fetten reichen Konzernbossen, Lobbyisten und veralteten Strukturen.

Wir befinden uns inzwischen im 21. Jahrhundert liebe Politiker. Eine neue Generation ist heran gewachsen, die ein Telefon mit Wählscheibe nur aus Erzählungen kennt, einen TV bei dem man noch aufstehen musste um von einem der 3-5 Programme zum anderen zu klicken sich genauso wenig vorstellen kann wie seine Erlebnisse und Gedanken nur in ein Tagebuch zu schreiben, welches niemals jemand zu Gesicht bekommt.

Wir sind in einer Zeit, in der die großen Labels und Studios sich verweigern, adäquate Portale hochzuziehen, mit tollen Filmen, günstigen Downloads und einem Angebot, welches man niemals im Leben mehr durch surfen, schauen oder hören kann. Kein Mensch (vor allem die Jungen) braucht mehr CDs oder DVDs, wenn sich auch alles mit einem Mausklick erledigen lässt. Doch was die neue Generation sich wünscht haben bislang nur vermeintliche Kriminelle begriffen, welche mit illegalen Angeboten genau den Nerv der Zeit treffen. Sie hätten keine Chance zu überleben, gäbe es gute Angebote von den bestehenden großen Firmen. Aber jene aufgeblähten Organisationen, welche als allerletztes an die Urheber oder die Nutzer denken, sondern nur an ihre eigene Tasche – diese versuchen nun die letzten Habseligkeiten einer inzwischen vergangenen großen Zeit irgendwie noch zu retten. Mit Manipulation, Abkommen hinter verschlossenen Türen, Anwälten und Druck. Es wird ihnen nicht gelingen, denn die neue junge Generation versteht ihr Denken nicht, die Herangewachsenen wollen es so nicht und nehmen es auch nicht an. Und – sie/wir sind verdammt viele!

Ich selbst bin doppelt so alt wie die Meisten dieser Demonstranten. Bin in den 70er und 80er groß geworden, meine ersten Computererfahrungen waren mit einem Atari 800XL und dem C64. Ich habe den kompletten Weg bis heute mit gemacht, kenne Handys noch ohne SMS-Funktion, den 386er Rechner, Windows 3.1 und ein 14k Modem. Ich bin bei euch – ich lebe schließlich auch mit und im Netz. Ich verstehe euch nur zu gut. Nein, es betrifft nicht nur die Jungen, es betrifft uns alle. Ich habe im Gegensatz zu vielen meiner gleichaltrigen oder der noch älteren Generation verstanden wo wir uns befinden. Unbegrenzte Information für jeden, weltweit, überall zu jeder Zeit. Dieses darf niemals, niemals auch nur ansatzweise von irgendjemandem zensiert oder angegriffen werden. Eine neue Zeit, ein neues Miteinander, neue Kommunikationswege und ein neues Verständnis für alles was das Leben betrifft. Alte Strukturen müssen jetzt angegangen, aufgebrochen und überdacht werden, damit die Menschheit endlich ein friedliches Miteinander erlebt und zusammen gegen die globalen Probleme ankämpft und nicht nur die Geldbörsen einiger weniger füllt und zum platzen bringt. Die Probleme denen wir uns stellen müssen sind groß, zu groß für ein Land, eine Regierung, ein Volk. Es geht nur miteinander.

ACTA und vor allem der Ablauf dieser Verhandlungen stößt mir auf. Die Verhandelnden sind nicht die, die ich in den Verhandlungen gerne sehen würde. Das was beschlossen, oder genauer gesagt diese Dinge die eigentlich ungenau beschlossen wurden sind im Gegensatz zu dem, wie immer und immer mehr Menschen leben wollen und das Zusammenleben verstehen. Unsere Regierungen, die wohl selbst nicht so genau wissen was sie da unterzeichnen sollen oder schon haben, welche oft noch im Kopf in einer völlig anderen Zeit leben, spüren nun den Zorn der Jugend und all derer, welche aufstehen und für ihre Rechte kämpfen. Es ist nun an uns, den Wandel einzuleiten und dran zu bleiben. Die Gesetze dem 21. Jahrhundert anzupassen, veraltete Strukturen abzuändern und wirtschaftlich wie politisch endlich im Jahre 2012 anzukommen.

Ich war heute auf der ACTA-Demo in München, hatte vorher schon wochenlang über sämtliche Kanäle mein Umfeld zu ACTA informiert, ich war froh dabei gewesen zu sein und mit ca. 16.000 anderen ein Zeichen gesetzt zu haben. Und ich bin bereit – wenn nötig – diesen Weg auch weiter zu gehen. Stoppt ACTA.

ACTA-Demo in München am 11.02.2012
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